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„Am schwersten war es, wenn ich den Herzschlag des Embryos schon gesehen und gehört habe.“

Susi spricht über Fehlgeburten, einen unerfüllten Kinderwunsch und den Umgang mit der Endometriose

Susi (34, Hamburg) leidet an einer Krankheit, der lange Zeit keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Inzwischen ist das glücklicherweise etwas anders - Social Media sei Dank. In Susis Fall und dem vieler anderer Frauen, die an Endometriose leiden, hat Instagram sich als Aufklärungs- und Informationsplattform bewährt. Dennoch wird der Krankheit noch immer viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

 

Eine solche gynäkologische Erkrankung ist ein Tabuthema, eng damit verknüpft sind weitere Tabuthemen, wie der unerfüllte Kinderwunsch und Fehlgeburten. Aus medizinischer Sicht beides ganz alltäglich, für jede und jeden Einzelnen aber ein harter, schmerzvoller Schicksalsschlag.

 

Über solche Tabuthemen sollten wir laut und offen sprechen, denn nur so können wir die Tabus brechen, Außenstehende für diese Themen sensibilisieren und Betroffenen eine emotionale Stütze sein, damit sie wissen, dass sie nicht allein sind.

 

Über all das spreche ich mit Susi.

“Ich konnte gar nicht greifen, was das bedeutet“

Susi, wie hast du von deiner Endometriose erfahren?

Ich hatte tatsächlich nie vermutet, dass ich Endometriose haben könnte. Eine liebe Bekannte hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass man Endometriose auch ohne Symptome haben und dass sie nur durch eine Bauchspiegelung mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Mein Gefühl sagte mir: „Ich habe es nicht“, doch bei unerfülltem Kinderwunsch, wie das bei uns der Fall ist, lässt man in der Regel nichts unversucht. Und so habe ich mich im März 2020 in der Frauenklinik an der Elbe eingefunden.

 

Was waren deine ersten Gedanken, als du die Diagnose bekamst?

Ich wachte nach der Operation auf und hörte noch ganz benebelt die Aussage der Pflegefachkraft: „Na, bei Ihnen war ganz schön was los. Sie waren statt 20 Minuten drei Stunden im OP.“ Und dann: „Sie haben Endometriose dritten Grades.“

 

Ein Teil tief in mir hatte es dann doch irgendwie gewusst und war auf eine abgeklärte Art nicht verwundert. Dieser Teil sagte auch „War ja klar, dass ich DAS jetzt auch noch haben muss.“ Mein Verstand schob diese Tatsache und die Auswirkungen dessen erst einmal weit weg. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich gar nicht greifen, was das bedeutet.

 

Was wusstest du denn zu diesem Zeitpunkt über die Krankheit?

Ich wusste nicht viel über Endometriose, nur dass es schleimhautähnliche Ansammlungen im Körper sind, die zu Verwachsungen und Verklebungen führen und die das Eintreten einer Schwangerschaft erschweren oder gar verhindern können.

 

„Endometriose ist die häufigste gutartige Erkrankung bei Frauen im gebärfähigen Alter“, heißt es in einer Studie der Universitätsklinik Erlangen. Zehn bis 15 Prozent der Frauen im Alter zwischen 15 und 50 leiden in Deutschland an Endometriose. Die Dunkelziffer ist hoch, da viele Frauen stille Endometriose-Herde haben, die nie gefunden werden, weil nicht nach ihnen gesucht wird. Man geht derzeit von 30.000 - 50.000 jährlichen Neuerkrankungen aus. 

 

 

Bei der Endometriose handelt es sich um Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe, was sich außerhalb der Gebärmutter, meist im Bauchraum, z.B. an den Eierstöcken, Eileiterwänden oder am Darm, festsetzt. Warum sich dieses Gewebe bildet, weiß man nicht. Fest steht aber, dass es sich wie die Gebärmutterschleimhaut verhält, d.h. in der ersten Zyklushälfte wachsen die Herde heran, dann werden sie abgestoßen.

 

Dieses abgelöste Gewebe der Endometriose-Herde kann jedoch nicht einfach aus dem Bauchraum abfließen, so wie es die Gebärmutterschleimhaut tut, sobald die Menstruation einsetzt. Es sammelt sich also im Bauchraum und so entstehen bei vielen Frauen Verklebungen, die wiederum zu Zysten oder Entzündungen führen können. (Quellen: Endometriose-Vereinigung, UK Erlangen, Asklepios Klinik Am Kurpark Bad Schwartau)

 

Oftmals geht die Erkrankung mit starken Regelschmerzen einher. Susi hatte diese nicht, weshalb sie auch erst einmal nicht damit rechnete erkrankt zu sein.

Wie hast du dich anschließend mit der Endo auseinandergesetzt?

Ich bin wirklich heute noch erstaunt, wie viele Betroffene es gibt. Ich habe mich darüber in Foren belesen, bin entsprechenden Profilen in den sozialen Netzwerken gefolgt. Dadurch habe ich mich nicht hilflos gefühlt. Insbesondere Anna Wilken leistet wunderbare Aufklärungsarbeit. Durch sie ist mir erst bewusst geworden, wie lange (durchschnittlich zehn Jahre) es braucht, bis Endometriose richtig erkannt und therapiert wird. Ich würde mir sehr wünschen, dass es in naher Zukunft sichere, nicht-invasive Methoden der Diagnostik gibt, damit Betroffenen schneller geholfen werden kann.

 

 

Anna Wilken ist Model und Influencerin aus Aurich in Niedersachsen. Sie setzt sich unter anderem dafür ein, dass Endometriose als lebenseinschränkende Krankheit anerkannt wird.  Sie nutzt ihre Reichweite auf ihrem Instagram-Account, um über die Endometriose und den unerfüllten Kinderwunsch zu sprechen und so andere Menschen für diese Themen zu sensibilisieren.

Kannst du für dich mittlerweile sagen, dass du die Krankheit akzeptiert hast? Wie gehst du heute mit ihr um?

Ich bin eine Meisterin im Akzeptieren (lacht). Doch im Ernst, ja, das habe ich. Zu Beginn fühlte ich mich zeitweise etwas überwältigt. Doch zwei Dinge habe ich vor allem verinnerlicht: Ich BIN nicht meine Erkrankung. Ich glaube daran, dass Krankheiten ein Ausdruck unseres Inneren sind, die uns etwas mitteilen wollen, was nicht ganz im Gleichgewicht in unserem Körper-Geist-Seele-System ist. Und es geht NICHT um Schuld, und auch nicht um Ohnmacht. Wir helfen uns selbst am ehesten, indem wir uns bewusst machen, dass unser Körper immer FÜR uns ist.

Die Diagnose „Endometriose“ wird oft nicht gestellt. Mit Schuld daran trägt das Gesundheitssystem, denn ein niedergelassener Arzt hat nur ein sehr kleines Zeitfenster pro Patientin, wenige Minuten, die er abrechnen kann, für die er also bezahlt wird. Eine Edometriose-Anamnese inklusive Ultraschalluntersuchung dauert in der Regel etwa eine Stunde. Das ist zumindest ein Grund mit, weshalb die Krankheit oft nicht diagnostiziert wird. 

Teil 2 meines Gespräches mit Susi findest du ab 13. März hier. Dabei geht es vorrangig um die Tabuthemen "Unerfüllter Kinderwunsch" und "Fehlgeburten".

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